Heimatverwirrung

Dieser Post ist ein Beitrag zu Andreas Blogparade zum Thema Heimat und Heimweh. Ein Thema wie gemacht für mich. Dachte ich.

Das Wort Heimat

Ich mag das Wort Heimat nicht. Es klingt als käme es aus einer anderen Zeit. Es klingt solide und altmodisch. Etwas was neben Leistungsgesellschaft, Flexibilität, Finanzmarkt und solchen schicken Wörtern aus der Reihe tanzt. Aber auch diese Wörter mag ich nicht. Höre ich Heimat, dann wuseln plötzlich Wörter wie Vaterland und Gesinnung durch meinen Kopf. Und solche Wörter möchte ich nicht in meinem Kopf haben.

Aber manche Menschen sprechen ganz entspannt von Heimat. Wollte ich auch. Da bemerkte ich, dass ich scheinbar unter einer Krankheit leide.

Heimatverwirrung

Gibt es so etwas?

Es gibt zwischen zwei Stühlen sitzen. Aber was, wenn man zu viele Heimaten hat? Da fängt es schon an. Wer benutzt schon den Plural?

Der Prozess der Heimatverwirrung ist schleichend. Inzwischen gibt es Brandenburg und Hamburg. Irgendwann sagte ich zu beidem: Ich fahre nach Hause. Und keiner wusste mehr, wohin ich nun fuhr.  Die Verwirrung war perfekt.

Wozu Heimat?

Beide Orte hatten verschiedene Zwecke.Der eine war mein Zuhause geworden, in dem ich lebte, den ich mir zu eigen gemacht hatte. Wo ich leben wollte. Der andere war eine Flucht vom Alltag, an dem ich entspannte. In dem ich Familie, Kindheitserinnerungen und Gerüche meiner Kindheit traf. Aber dort wieder wohnen, auf keinen Fall.

Aber Heimat ist nicht nur Ort, sondern auch Sprache und Kommunikation. In Das Wort als Heimat ging es genau darum. Hamburg hat mich meinen Dialekt gekostet. Ein Jahr habe ich es durchgehalten, der sprachlichen Normierung zu widerstehen. Dann verschwand der Dialekt. Kommt aber wieder, sobald ich mit Familie und alten Freunden spreche. Und ich liebe berlinern. Soll es doch nach Bauarbeiter, vulgär und nach Schulabbruch klingen. Wörter wie ikke und haik, da geht mir mein Herz auf.

Hier geht mir sprachlich niemals mein Herz auf. Kommunikation ist Arbeit und Konzentration. Kein Spaß. Ich höre zu und es rattert unaufhörlich im Kopf. Ich spreche und sehe das Stirnrunzeln des Gegenübers, den fragenden oder hilflosen Blick. Die Menschen verstehen meine Worte genau, fragen sich aber offensichtlich von welchem Stern ich komme. Sie verstehen MICH einfach nicht! Meine Themen, meine Befindlichkeiten, meine Hoffnungen, meine Beweggründe.

Denn Menschen sind auch Heimat. Menschen,  mit denen ich über dieselben Dinge Augenrolle, Stirn runzele, zweideutige Witze reiße. Bei denen ich mich nicht verstelle, die mich so nehmen wie ich bin. Aber diese Menschen sind ein Privileg. Und ich bin froh, dass ich solche Menschen habe, egal wo sie wohnen.

Wann fühle ich mich zuhause?

Zuhause kenne ich jeden Stein auf manchen Wegen. Zuhause treffe ich zufällig Freunde oder Bekannte auf der Straße. Zuhause rege ich mich über Politik auf (in Marokko verstehe ich nicht einmal die Nachrichten). Zuhause erkenne ich an den Schritten auf der Treppe unsere Nachbarn. Zuhause macht das Leben sonntags eine Pause. Zuhause verstehe ICH viele Menschen nicht. Zuhause fühle ich mich manchmal wie ein Alien. Zuhause sagen Leute, ich solle wieder zurück in meine Heimat gehen.

Zuhause bekomme ich irgendwann Fernweh.

 

2 Antworten auf „Heimatverwirrung

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  1. Hallo Pam,
    danke für Deinen tollen Beitrag. Mein Mann sagt auch immer „zu Hause“ zu zwei Orten. Da wo wir als Familie leben und da, wo er arbeitet. Deshalb musste ich schmunzeln, als Du das schriebst.
    Lieben Gruß
    Andrea

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    1. Hallo Andrea, ja, ich glaube wir sind in guter Gesellschaft. Der Vorteil ist natürlich, dass man immer zuhause ist. Der Nachteil, dass mindestens ein Ort oder etwas immer fehlt.

      Liebe Grüße

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